Martin Schörle – Zwei Theaterstücke

 

Mit dem Buch habe ich einmal mehr Neuland betreten. Zwei kurze Geschichten, die als Theaterstück geschrieben wurden und die ich mir nach dem Lesen durchaus auf einer Bühne bestens vorstellen kann. Beide Stücke sind völlig unterschiedlich, aber haben mich durch ihre Charaktere und die Situationskomik sehr gut unterhalten.

 

Mit dem ersten Stück - „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ - beamt uns der Autor in einen Tag im Leben des Beamten Hans Fredenbek. Dieser geht völlig in seinem Beruf auf und ist eine fast schon eine wandelnde Statistik. Im wahren Leben vermutlich eher nicht ganz lebensfähig, blüht er in seinem Büro beinahe auf. So bekommt der Leser beispielsweise zuerst einmal eine Abhandlung über Radiergummis und deren Eigenleben. Beim reden schweift er immer wieder vom Thema ab und verheddert sich mehr und mehr in seiner Gedankenwelt. Es ist einfach faszinierend, über welche Dinge er sich so seine Gedanken macht. Fredenbek wirkt völlig skurril und ich glaube, ich würde wahnsinnig werden, wenn ich jemanden wie ihn leibhaft kennen würde. Mir gefällt besonders der Humor in diesem Stück und die stellenweise auftretende Zweideutigkeit, auch wenn immer wieder ein klein wenig Tragik durch diesen Humor schimmert. Ich hatte beim Lesen förmlich eine Gestalt vor Augen, wie sie in einem kleinen schmucklosen Büro vor sich hin schwadroniert. Zuerst hatte ich ja Bedenken, da es sich um einen reinen Monolog handelt, aber mich hat das Ganze doch sehr schnell gepackt.

 

Das zweite Stück – „Einladung zum Klassentreffen“ – ist dagegen wie mitten aus dem Leben gegriffen. Nach 20 Jahren Funkstille meldet sich Carsten bei seiner Jugendliebe Marina, um sie zu einem Klassentreffen einzuladen. Schnell sind sie wieder sehr vertraut miteinander und er gesteht ihr beinahe, dass er sie seit der gemeinsamen Schulzeit liebt. Das Telefonat ruft bei Marina Erinnerungen hervor und auch sie scheint nicht ganz frei von Gefühlen zu sein. Bei diesem Stück kommt das Theatergefühl mehr zum Vorschein, da die beiden Protagonisten sich in der Unterhaltung abwechseln und mit kleinen „Rückblenden“ auch noch andere Figuren auftauchen. Mich haben auch die Randfiguren sehr begeistert. Auf die Idee zu kommen, einer Person, deren Telefonat ich anhöre, meine Mailadresse zu geben, um das Ende der gemeinsamen Geschichte zu hören, ist schon speziell. Aber auch die weiteren Fahrgäste waren nicht ohne.

 

Der Schreibstil von Martin Schörle hat mir sehr gut gefallen. Beide Stücke sind vom Inhalt und vom Aufbau her völlig unterschiedlich. So ist man im ersten Stück völlig gefangen von Fredenbeks Tiraden, bei denen er mal vernünftig, mal wahnwitzig wirkt (Beispiel: Der Kassettenrecorder in seinem Büro geht von allein los: „Ach, dieses blöde Ding geht manchmal von allein los. Altersbedingter Verschleiß. Ich hab’s meinem Sohn weggenommen, als er eingeschult wurde. Heute ist er Ingenieur. Er hat es nie bemerkt. Komisches Kind.“). Im zweiten Stück gibt es durch die beiden Protagonisten etwas mehr Abwechslung. Trotzdem bieten sie beide einen gewissen Humor und durchaus Passagen zum nachdenken. Auch die Beschreibung des Bühnenbilds und zum aktuellen Verhalten der jeweiligen Charaktere kam nicht zu kurz.

 

Für mich mal etwas völlig neues und anderes als meine gewohnten Bücher, aber ich habe mich sehr amüsiert. Wenn diese beiden Stücke jemals auf die Bühne kommen, werde ich sie mir glatt anschauen!

 

An dieser Stelle noch mal einen ganz herzlichen Dank an Martin Schörle für das Buch und die nette Widmung.

  

September 2018

 Engelsdorfer Verlag, ISBN 978-3960084082

 Taschenbuch, 119 Seiten

 VÖ: Dezember 2016