Dieses Buch hab ich im Rahmen einer Leserunde von Lübbe (www.lesejury.de) gelesen ... Wie ich es von dem Forum her kenne, hatten wir viel Spaß und viel Möglichkeiten zum Spekulieren und Raten ... Hier mein Eindruck von dem Buch:

 

Alleine bist du nie

 

Bei den Kontaktanzeigen in einer Tageszeitung macht Zoe eine seltsame Entdeckung. Ihr Gesicht lacht ihr entgegen. Dabei hat sie nie eine Kontaktanzeige aufgegeben und sie weiß, dass das Foto ein Bildausschnitt aus einem Gruppenfoto ist. Ihre Familie sieht keine Ähnlichkeit, aber sie lässt sich nicht davon abbringen und forscht nach. Die Telefonnummer unter der Anzeige läuft ins Leere, um den Link anklicken zu können, benötigt man ein Passwort. Bei ihren Nachforschungen findet sie heraus, dass bei einer anderen Frau, die ebenfalls in einer solchen Kontaktanzeige auftauchte, eingebrochen wurde. Sie meldet ihre Erkenntnisse der Polizei, wird aber zunächst nicht ernst genommen. Doch die Bedrohung ist real und wird immer greifbarer.

 

Das Buch hat mich schon ziemlich schnell in seinen Bann gezogen. Interessanterweise mal nicht durch blutige Details, sondern einfach durch die beschriebene Stimmung. Zoes anfängliche Besorgnis wegen der Anzeige wird schnell stärker und entwickelt sich immer mehr zu Panik. Sie fühlt sich verfolgt und vertraut bald fast niemandem mehr. Ich als Leser habe mich hier ganz schön angepasst und jeder neue männliche Charakter war für mich schon mal per se verdächtig. Auch die Kapitel, die aus der Sicht des Internetseitenbetreibers geschrieben waren, waren immer gut platziert. Dachte man zuerst, es ist „nur“ ein Stalker, der eine bestimmte Frau verfolgt, kristallisierte sich immer mehr heraus, dass er ganz andere Beweggründe hatte. Alles in allem hat die Story eher langsam Fahrt aufgenommen. So war das erste Drittel eher dadurch geprägt, die Charaktere kennenzulernen und Zoe durch ihren Alltag zu begleiten.

 

Die Charaktere konnten mich auch durchweg überzeugen. Zoe ist geschieden mit zwei fast erwachsenen Kindern und einem Lebensgefährten, der seit einiger Zeit mit ihr zusammen lebt. Ihre Tochter möchte Schauspielerin werden und verfolgt dieses Ziel mit Hingabe. Der Sohn hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten auch wieder gefangen und geht inzwischen einem Job nach, der ihm Spaß macht. Ihr Lebensgefährte ist Journalist und hat sich im Familienleben recht gut integriert. Mit ihrem Ex-Mann hat sie nach wie vor ein gutes Verhältnis und in ihrer Nachbarin eine gute Freundin. Neben Zoe spielt auch die Ermittlerin Kelly eine große Rolle. Diese macht sich seit Jahren Vorwürfe, weil sie ihre Schwester nicht vor einer Vergewaltigung schützen konnte und ist die einzige, die Zoes Ängste ernst nimmt und einen Zusammenhang zwischen einem Mordfall und den Kontaktanzeigen sieht.

 

Ich finde ja das Szenario an sich schon ziemlich beklemmend. Jeder hat seine gewisse Routine im Alltag ... gleiche Arbeitswege, zumeist auch noch täglich um die gleiche Uhrzeit. Dass man so leicht ausspioniert werden kann, nimmt man eigentlich gar nicht wirklich wahr. Soziale Netzwerke machen es dann noch zusätzlich leicht, Informationen über eine bestimmte Person zusammenzutragen. Dies hat die Autorin klasse umgesetzt. Gut gefallen haben mir auch die Einblicke in die Polizeitätigkeit, die bei Clare Mackintosh der Realität entsprechen, da sie selber früher Polizistin war. Zum Ende hin baut sie einige Wendungen ein – bei denen ich den ein oder anderen Hauptverdächtigen wieder „laufenlassen“ musste. Auf den Täter an sich wäre ich allerdings tatsächlich nicht gekommen. Einzig der Beweggrund des Täters war mir ein bisschen zu lasch.

 

Für mich auch trotz der anfangs langsameren Gangart ein absolut spannender Pageturner, den ich am liebsten am Stück durchgelesen hätte.

 

Januar 2017

Bastei Lübbe, ISBN 978-3404174706

Taschenbuch, 448 Seiten

VÖ: Januar 2017