Die Flüsse von London (Band 1)

 

Peter Grant ist frisch gebackener Police Constable und weniger glücklich über die Auswahl seiner künftigen Abteilung: Langweiligen Papierkram zu bearbeiten ist nicht unbedingt seine Vorstellung eines aufregenden Jobs. Als er eines Abends zum Schauplatz eines Mordes gerufen wird und dort eine Begegnung mit einem waschechten Geist hat, nimmt sein Leben jedoch eine Wende. Er rückt in den Fokus von Detective Chief Inspector Thomas Nightingale, Leiter einer Spezialeinheit, die sich mit Magie beschäftigt und außerdem der letzte Zauberer.

 

Und schon ist Peters Job alles andere als langweilig, wird er doch in Zauberei unterrichtet, muss tote Sprachen lernen und nebenbei eben noch den ein oder anderen Mord aufklären. Denn der eine Mord entwickelt sich zu einer ganzen Serie und noch dazu brechen Chaos und Gewalt auf Londons Straßen aus. Hilfe bei den Ermittlungen bekommt er nicht nur von Inspektor Nightingale oder Lesley, Freundin und Kollegin aus dem Morddezernat, sondern von einem Hund, Nachtwesen und menschlich gewordenen Flussgöttern.

 

Ben Aaronovitch hat mit „Die Flüsse von London“ einen rasanten, abgedrehten und witzigen Fantasy-Krimi geschaffen. Die Geschichte spielt in unserer heutigen Zeit, doch in London tummeln sich nicht nur Londoner oder Touristen, sondern auch Vampire, Geister, sogenannte Wiedergänger und dann noch Mutter und Vater Themse mit ihren zahlreichen Nachkommen. Und vor allem Letztere verursachen auch noch einigen Ärger.

 

Die Charaktere sind durch die Bank weg sehr lebendig dargestellt. Peter, Halb-Nigerianer mit einem kiffenden Musiker als Vater und aus einem sozialen Randgebiet stammend, ist nicht wirklich der typische Held. Aber genau das macht ihn umso sympathischer. Thomas Nightingale scheint auf den ersten Blick eher ruhig und zurückhaltend und ziemlich kauzig. Über sein wahres Wesen oder sein Alter – außer, dass er schon seeehr alt ist – erfährt man allerdings (noch) nicht so viel.

 

Die Geschichte nimmt einige mehr oder weniger abstruse Wendungen, bleibt aber bis zum Ende spannend und rasant. Auch Ben Aaronovitch’s Schreibstil ist sehr angenehm. Die Story wird aus Peters Sicht erzählt und hat dementsprechend einen etwas schnodderigen Ton – der mir beim Lesen öfter mal ein Grinsen entlockt hat. Die Morde und Gewalttaten stehen einem Thriller in nichts nach (sie sind nur etwas weniger genau beschrieben). Trotzdem kommt der (englische) Humor nicht zu kurz.

 

„Die Flüsse von London“ sind der Auftakt einer Serie um Thomas Nightingale und Peter Grant. Die Fortsetzung „Schwarzer Mond über Soho“ ist schon erhältlich und schließt nahtlos an den ersten Teil an. Der dritte Band „Whispers Under Ground“ ist im Juni dieses Jahres in Großbritannien erschienen.

 

Juli 2012

dtv, ISBN 978-3-423-21341-7

Taschenbuch, 480 Seiten

VÖ: Januar 2012

 

Schwarzer Mond über Soho (Band 2)

 

Peter Grant hat kaum Zeit, sich von der letzten Mordserie zu erholen. Warten doch seine Magiestunden sowie der Lateinunterricht auf ihn und auch das Verbrechen in London schläft nie – auch nicht die Art Verbrechen, die zur Magie zählen. Ein Toter wird gefunden; verblutet, nachdem ihm das Geschlechtsteil abgebissen wurde. Und dann gibt es noch die mysteriösen Tode von Jazzmusikern, die eindeutig nach Magie „riechen“.

 

Peter stürzt sich in die Ermittlungen, dieses Mal mehr oder weniger auf sich allein gestellt, da DCI Nightingale nach einer Schussverletzung noch immer nicht richtig fit ist. Auch Lesley, die im Rahmen der Ermittlungen schwer verletzt wurde, ist noch außer Dienst und muss sich noch einigen Operationen unterziehen. Hilfe bei den Ermittlungen in der Jazzszene erhält er durch seinen Vater (Jazzmusiker) und den Jungs einer Band, die den Tod eines Bandmitglieds zu betrauern haben. Auch kommt die Liebe nicht zu kurz, denn bei den Nachforschungen lernt Peter Simone kennen, trauernde Ex-Geliebte des toten Musikers, die diesen aber in Peters Armen schnell vergisst.

 

Der zweite Teil der „Rivers of London“-Reihe knüpft nahtlos an den ersten Teil an. Auch gehen die Ermittlungen in gewohnter Manier sehr rasant und teilweise unkonventionell vonstatten. Der Schreibstil bleibt gewohnt flapsig, so dass man auch bei brutaleren Stellen grinsen kann.

 

Man trifft alte Bekannte wieder, manche lernt man ein bisschen besser kennen; beispielsweise Molly, die Haushälterin, oder Ash, Nachfahre von Vater Themse, der gegen Beverly (Tochter von Mutter Themse) „ausgetauscht“ wurde, um den Frieden zwischen den Flussgöttern zu wahren. Andere Charaktere dagegen tauchen nur am Rand auf, sind aber noch immer präsent. Beispielsweise Tyburn, eine weitere Tochter von Mutter Themse, die Peter nach einem weniger angenehmen Zusammentreffen noch immer auf dem Kieker hat. Die Charaktere – sympathisch oder nicht – wachsen einem im Laufe des Buches immer mehr ans Herz

 

Man merkt, dass der Autor u. a. Drehbücher für „Doctor Who“, eine englische TV-Serie, geschrieben hat, denn so manche Bemerkung bezieht sich auf genau diese. Wenn man die Serie nicht kennt, versteht man den einen oder anderen Witz nicht, aber das mindert den Lesespaß nicht. Jazzkenner werden einen doppelten Spaß an dem Buch haben, denn hier hat Ben Aaronovitch richtig gut recherchiert. Denn auch ohne es zu kennen, spürt man die Atmosphäre der Jazzclubs und des Jazz an sich.

 

Beide Teile der Reihe sind mehr oder weniger in sich abgeschlossen, zumindest was die Fälle angeht. Doch die Entwicklung der Charaktere baut aufeinander auf und es werden immer wieder Rückblicke auf den ersten Teil beschrieben. Von daher sollte man die Reihe besser in der richtigen Reihenfolge lesen.

 

416 Seiten phantastische Spannung bis zum (bittersüßen) Ende. Wie den ersten Teil wollte ich es nicht aus der Hand legen und war dann fast schon enttäuscht, als ich es beendet habe. Denn jetzt heißt es warten auf die Fortsetzung und Warten kann ja bekanntlich lange dauern.

 

Juli 2012

dtv, ISBN 978-3-423-21380-6

Taschenbuch, 416 Seiten

VÖ: Juli 2012

 

Ein Wispern unter Baker Street (Band 3)

 

Nach all seinen Magie-Trainingsstunden und der ewigen Lateinpaukerei freut sich Peter Grant, mal wieder zu einem „richtigen“ Mordfall gerufen zu werden. Nahe der Baker Street wird in einem U-Bahn-Tunnel ein Toter gefunden: Kunststudent, amerikanischer Staatsbürger und zu allem Überfluss auch noch der Sohn eines Senators. Doch Peter hat sich zu früh gefreut, denn diesem Mord haftet wieder einmal Magie an. So kommt es, dass die Ermittler in kürzester Zeit eine FBI-Agentin an der Backe haben, vor der man natürlich den Umgang mit Magie bzw. deren Existenz überhaupt verschweigen muss. Und auch sonst gestalten sich seine Ermittlung nicht gerade leicht, gerät er doch in Londons Untergrund auf Abwege und in so manche gefährliche Lage. Doch es wäre nicht Peter, wenn er sich nicht immer aus jeder Situation herauswinden könnte.

 

„Ein Wispern unter Baker Street“ ist der dritte Teil der „Rivers of London“-Reihe. In gewohnter Manier, ungestüm und abseits des Normalen gehen Peter und Lesley ihre Ermittlungen an. Thomas Nightingale erweist sich wieder mal als Retter in der Not und auch Molly spukt weiterhin im Folly herum und kümmert sich um das Wohl der Bewohner. Auch der markante Schreibstil von Ben Aaronovitch hat mir wieder sehr viel Lesespaß bereitet. Flapsige Umgangssprache, mehr oder weniger versteckter Sarkasmus gepaart mit schnodderigen Sprüchen von Peter – immer wieder schön. Beispiel: Lesley erklärt einem kleinen Mädchen, warum sie eine Maske tragen muss = „Mein Gesicht ist auseinandergefallen, weil ich den Mund zu weit aufgerissen habe“. Hier musste ich wirklich laut loslachen.

 

Und obwohl mir das Buch wieder sehr gut gefallen hat, fand ich diesen Teil nicht ganz so stark wie die Vorgänger. Der Fall war stellenweise wenig greifbar und plätscherte als Handlung an mir vorbei. Das Mitfiebern bei den Ermittlungen hat sich bei mir gar nicht einstellen können. Auch die Suche nach dem Gesichtslosen konnte mich nicht fesseln, diese lief irgendwie nebenbei mit, aber war nicht wirklich greifbar.

 

Ein gelungener dritter Teil, der trotz ein paar kleinerer Schwächen überzeugen konnte. Wenn man Sarkasmus und unorthodoxe Ermittlungsmethoden mag und einer Mischung aus Fantasy und Krimi nicht abgeneigt ist, hat man mit der Reihe definitiv seinen Spaß.

 

Mai 2013

dtv, ISBN 978-3-423-21448-3

Taschenbuch, 448 Seiten

VÖ: Juni 2013

 

Der böse Ort (Band 4)

 

Es reicht nicht, dass die Flussgötter eine große Feier geplant haben, bei der Peter und Lesley ein Auge aufhalten sollen, auch ansonsten bleibt ihr Leben nicht ruhig und gemütlich. Nach wie vor wollen sie den „Gesichtslosen“ schnappen. Dann taucht auf einmal ein gestohlenes, wertvolles Buch auf und der ein oder andere Tote. Interessanterweise führen alle Spuren auf Skygarden Tower. Ein Hochhaus, das von einem als gestört geltenden Architekten – Erik Stromberg – gebaut wurde. Dieser hat sich zu Lebzeiten mit Magie befasst, was das Interesse des Gesichtslosen weckt. Das Gebäude birgt ein Geheimnis und es ist Peter und den Bewohnern des Folly, dieses so schnell wie möglich zu lüften.

 

Zu Beginn gibt es einige unterschiedliche Schauplätze, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassen. Doch im Laufe der Ermittlungen, die man 1:1 mit Peter verfolgen kann, erfährt man, dass alle Einzelfälle irgendwie zusammen hängen. Im Mittelpunkt des Buches stehen definitiv Peter und Lesley. Nightingale tritt relativ wenig in Erscheinung, auch das Geschehen im Folly selbst spielt dieses Mal im Hintergrund. Leider – denn irgendwie mag ich die „Zauber-WG“. Eine meine Lieblingspersonen ist Molly. Auch wenn sie nicht spricht, hat sie ihre Mitbewohner im Griff – und seit Neuestem hat sie das Kochen entdeckt. Das Ergebnis trifft oft genug nicht den Geschmack der Esser, aber etwas Abfälliges zu sagen wagt sich keiner. Zum Glück gibt es den Haushund Toby, der von den verschmähten Mahlzeiten profitiert.

 

Auch wenn sich die Story zwischenzeitlich ein wenig zieht (was ausführlichen Erklärungen geschuldet ist, die auch gerne kürzer hätten ausfallen können), tröstet den Leser der angenehme und witzige Schreibstil von Ben Aaronovitch darüber hinweg. Die Dialoge machen immer wieder Spaß, ebenso wie sarkastische Anmerkungen von Peter – dies verleiht den Geschichten einen ganz eigenen Charme.

 

Trotz ein paar Längen zwischendurch sehr lesenswert. Das überraschende Ende lässt den Leser fast geschockt zurück und lässt die Wartezeit auf den nächsten Band sehr lange werden.

 

Januar 2015

dtv, ISBN 978-3-423-21507-7

Taschenbuch, 400 Seiten

VÖ: Mai 2014

 

Fingerhut-Sommer (Band 5)

 

An Lesleys Verrat hat Peter noch immer zu knabbern. Dies macht auch Nightingale Sorgen, so dass er die Gelegenheit ergreift, um Peter ins entfernte Herefordshire zu schicken. Dort wurden zwei kleine Mädchen entführt und Peter soll den Polizisten vor Ort ein wenig unter die Arme greifen. Neugierig und misstrauisch beäugt fängt er an zu ermitteln – sind die Mädchen weggelaufen oder hat der ganze Fall vielleicht doch einen magischen Hintergrund? Immerhin lebt in der Nähe ein inzwischen nicht mehr ganz taufrischer Zauberer. Abgelenkt wird er nur von Beverly, die plötzlich auftaucht und der er nun (endlich) näherkommt. Doch mit ihren Kontakten in die Wasserwelt kann sie ihm bei den Ermittlungen helfen und so findet sich tatsächlich eine heiße Spur …

 

Eine neue Umgebung für Peter – da musste er sich erst mal ganz schön umgewöhnen. Zum Glück kann er mit Vorurteilen gut umgehen und mit dem neuen Kollegen auf Zeit Dominic hatte er einen sympathischen Partner an seiner Seite. Doch diese neue Umgebung bedeutet auch, dass der Leser leider auf die altbekannten Charaktere verzichten muss: Nightingale meldet sich höchstens mal per Telefon, dafür aber hört man auch wieder von Lesley – zumindest steht sie per SMS mit Peter in Kontakt. Allerdings tritt Beverly mal ein bisschen mehr in den Vordergrund … was mir persönlich gut gefallen hat, denn ich mag ihren Charakter. Vermisst dagegen habe ich Molly, die definitiv zu meinen Lieblingen in der Reihe zählt.

 

Der Fall an sich war die meiste Zeit weniger magisch geprägt – und die Ermittlungen zogen sich ziemlich in die Länge. Es war zwar einerseits eine gute Idee, die Handlung aus London wegzuführen, allerdings hat hier der rote Faden – die Suche nach dem Gesichtslosen -, der bisher Bestandteil der Reihe war, komplett gefehlt. Daher kam mir dieser Teil eher wie ein Lückenbüßer vor. Nach gut der Hälfte kam dann ein wenig Magie ins Spiel: Feen, Wechselbälger, Einhörner … Einzig das Motiv für die Entführung wurde nicht wirklich aufgelöst, was mir das Ende des Buches ein wenig verleidet hat.

 

Ansonsten war ich wie üblich von der Erzählweise des Herrn Aaronovitch sehr angetan. Ich mag seinen Schreibstil und die schnodderige Art von Peter sehr gerne. Und endlich erfährt man, was für ein Wesen Molly nun eigentlich ist. Auch sprachlich und stilistisch sehr schön, von der Handlung her dagegen der schwächste Teil der Reihe. Trotzdem hat mich das Buch gut unterhalten und ich freue mich schon auf weitere Geschichten rund um Peter, Nightingale und das Folly.

 

September 2015

dtv, ISBN 978-3-423-21602-9

Taschenbuch, 416 Seiten

VÖ: August 2015

 

Der Galgen von Tyburn (Band 6)

 

Nach einer (illegalen) Party in einem Londoner Nobelhaus wurde eine Drogentote gefunden. In ihrem Dunstkreis bewegte sich auch eine der Töchter von Lady Ty, die ziemlich schnell zu den Verdächtigen gehört. Das darf nicht sein und so fordert Lady Ty von Peter, dass er was tut – aber bitte pronto. Leider ist der Fall nicht allzu einfach aufzuklären, da die meisten Beteiligten zur Londoner High Society gehören. Und schnell haben alle möglichen Behörden ihre Finger im Spiel. Auch der gesichtslose Magier taucht wieder auf, Lesley im Schlepptau. Neben der Aufklärung des Falls muss ein seltenes Buch (von Isaac Newton verfasst) aufgespürt werden, an dem nicht nur das Folly, sondern auch andere in Magie bewanderte Personen höchstes Interesse haben.

 

Wo Magie ausgeübt wird – vor allem, wenn Peter Grant beteiligt ist – kann es durchaus passieren, dass mal was zu Bruch geht. In diesem speziellen Fall wird quer durchs Nobelkaufhaus Harrods gewütet und mal wieder muss ein Haus dran glauben. Man kann nur hoffen, dass die Bewohner der Villa vielleicht noch eine Stadtwohnung haben.

 

An Action und launigen Dialogen fehlt es dem mittlerweile sechsten Teil der Reihe um Peter Grant nicht. Ganz im Gegenteil. Ich liebe die skurrilen Charaktere und den Schreibstil von Ben Aaronovitch einfach. Leider aber fand ich aber den Fall an sich nicht sonderlich spannend und die Handlung insgesamt eher durcheinander und fast schon lieblos. Wie sein Vorgänger kommt auch dieser Band nicht an die ersten Teile der Reihe heran.

 

Trotzdem mag ich die Reihe gerne, schon alleine wegen der völlig unterschiedlichen Charaktere. Peter ist einfach ein sympathischer Chaot. Seine nichtmagische Kollegin Sahra Guleed tritt inzwischen öfter in den Vordergrund und gefällt mir persönlich ziemlich gut. Allerdings habe ich (mal wieder) Molly vermisst. Was mir dieses Mal ebenfalls fehlte, waren Peters Übungsstunden in Magie.

 

Einsteiger in die Reihe sollten allerdings definitiv mit dem ersten Teil anfangen, sonst kommen sie aufgrund der vielen Personen und Namen nicht mit.

 

Im Mai diesen Jahres kommt ein weiterer Band auf den Markt: „Geister auf der Metropolitan Line“. Ich bin gespannt auf den neuen Fall und hoffe, dass dieser etwas weniger unübersichtlich ist und mehr an den Beginn der Reihe erinnert.

 

Februar 2018

 Dtv, ISBN 978-3-423-21668-5

 Taschenbuch, 416 Seiten

VÖ: Mai 2017